Der 23. Dezember ist in Dänemark ein ganz besonderer Tag – es ist nämlich Lille Juleaften, der „kleine Weihnachtsabend“.
Für mich ist der Lille Juleaften der schönste Abend – ach, was sag ich – der schönste Tag der gesamten Weihnachtszeit. Während um mich herum noch große Geschäftigkeit herrscht – es wird geputzt (sogar Fenster! Hallo? Es regnet!), hektisch hin – und hergelaufen und offenbar die Müllansammlungen der letzten Monate entsorgt, bin ich entspannt.
In Supermärkten und Einkaufszentren bilden sich Schlangen, die bis zum Nordpol reichen würden und jedes Jahr frage ich mich, ob ich vielleicht nicht aufgepasst habe und nun nicht weiß, dass es die nächsten Wochen nichts Essbares mehr zu kaufen gibt….?
Lille Juleaften ist ein hervorragender Tag. Einzige Verpflichtung an diesem Tag ist es, sich mal zu entspannen. Der Hektik Adieu zu sagen und sich zu freuen.
Ist man in der glücklichen Lage, am 23. Dezember nicht arbeiten zu müssen, ist dieser Tag zum Beispiel wie geschaffen für das Schmücken des Tannenbaums. Jedenfalls finde ich das. Ich bin kein Freund von Tannenbäumen, die schon Ende November im Wohnzimmer stehen. Und da unser Baum mitten im Raum steht, wäre das auf Dauer auch etwas unpraktisch. Also mache ich irgendeine alte Weihnachts-CD an und krame in der Weihnachtskiste – schön ist, wenn alle dabei helfen, aber auch alleine finde ich das total entspannend.
Der Weihnachtsbaum steht bei uns mitten im Raum – das hat auch und vor allem damit zu tun, dass wir um den Baum herumgehen – und auch tanzen. Vor Kurzem las ich, dass dieser dänische Weihnachtsbrauch als „um den Baum herumhopsen“ bezeichnet wurde, was ich etwas befremdlich fand. Mir gefällt es, dass Weihnachten in Dänemark ein fröhliches Fest ist – und zwar ganz im Gegensatz zu den besinnlichen deutschen Weihnachten. Und gehopst bin ich trotzdem noch nie, sollte ich aber vielleicht mal versuchen.
Heute wird probiert
Der Lille Juleaften ist ein Tag, an dem man sich mit Freunden oder Nachbarn trifft (was sich ja nicht ausschließt.)
Familienangehörige, die Weihnachten hier verbringen werden, treffen idealerweise schon am Lille Juleaften ein. Es ist ein Tag, an dem es keine Erwartungen gibt und keine getakteten Tagespläne ( à la Letzte Einkäufe – Kartoffelsalat und Würstchen – Kirche – Essen – Bescherung). Am Lille Juleaften muss sich niemand ein frisches Hemd anziehen oder die Haare hochtoupieren. Am Lille Juleaften feiert man den Beginn von Weihnachten. Heute wird das probiert, was in den letzten Tagen und Wochen gebacken, gekocht, eingelegt, aufgesetzt oder eingekauft wurde. Deshalb ist es auch wichtig, dass man – geht man am Lille Juleaften zu Freunden oder zum Nachbarn – ein paar Kostproben aus der eigenen Küche oder dem Keller mitzubringen.
Die Kekse, die zum ersten Mal gebacken wurden oder die, ohne die es nicht wirklich Weihnachten wird. Das neue Juleøl muss selbstverständlich getestet werden, bevor es an Weihnachten auf den Tisch kommt, genauso wie der Gløgg – mit und ohne Alkohol – oder Rumtopf. Auch der Wein, den es zu Weihnachten geben wird, sollte verkostet werden – schließlich möchte man ja dann am nächsten Tag nicht dumm dastehen und der Wein schmeckt nicht…
Auch vom Julesild, Karrysild und dem Weihnachtslachs muss gekostet werden – dem, was am Lille Juleaften auf den Tisch kommt, sind keine Grenzen gesetzt.
Es wird also zusammen gesessen, viel getrunken, geschwatzt, Musik gehört – viel Musik, sehr viel Musik. Und manchmal wird auch noch der Weihnachtsbaum zusammen geschmückt – zum Beispiel, wenn der 23. Dezember ein normaler Wochentag ist, an dem noch viele arbeiten müssen. Manchmal ist er aber schon fertig und steht natürlich mitten im Raum.
Irgendwann – nach all den Kostproben, nach Weihnachtsbier, Glögg, viel gutem Wein und vielleicht sogar einer kleinen Portion Ris à l’amande – nach all den Geschichten von kleineren und größeren Weihnachtskatastrophen – irgendwann beginnt man, um den Weihnachtsbaum zu tanzen. Allein oder eng umschlungen, sich an den Händen fassend und eiin Weihnachtslied singend, Stehblues oder ausgelassen – ganz nach Laune.
Lille Juleaften ist der schönste Abend der gesamten Weihnachtszeit.
Feiert ihn!
Ausgiebig!
Ein letzetr kleiner Gruß zu Weihnachten und auch durchaus eine andere Sichtweise. Ja, weihnachten it ein sehr emotionales Fest. Und die Bandbreite ist groß. Die einen sind fröhlich, andere übersättigt und wiederum andere einsam.
Ich denke immer an den Grund zu Weihnachten. Dass wir völlig romantisiert über ein Baby in Stroh in einer eiskalten Nacht und zugigem Stall sind. Ja, und in diesem Jahr denke ich unweigerlich an die abertausenden Menschen, die zu Weihnachten in Europa hungern und frieren und kein eigenes Zuhause mehr haben. Nicht die Möglichkeit, dem liebsten nich etwas zu schenken, weil der durch die Kriegswirren sein Leben oder seine Gliedmaßen verloren hat.
Nein, wir freuen uns auf Weihnachten. Aber freuen uns über ein beSINNliches Weihnachtsfest. Dasss uns aus unserer Perspektive dankbar und demütigt macht.
Viele liebe Grüße
Kai
Lieber Kai, ich wünsche euch ein besinnliches Weihnachtsfest, möge es so werden, wie ihr es am liebsten habt. Ich verstehe deine Sicht der Dinge und nur, weil es vielleicht nicht an allen Tagen der Weihnachtszeit besinnlich und getragen zugeht, heißt das ja nicht, dass man die Welt um sich herum vergisst, außer Acht lässt, gar ignoriert. Ganz im Gegenteil, würde ich behaupten. Und wenn ich FRÖHLICHE Weihnachten wünsche, ist das keinesfalls Missachtung der Geschehnisse auf der Welt. Fröhlich darf man sehr wohl sein – vielleicht, weil man darüber freut, im kreise seiner Lieben feiern zu können, dass Freunde und Familie gesund sind – vielleicht ja auch gerade erst wieder – vielleicht auch, weil man – auch schon lange vor diesem Fest – einiges tun konnte und durfte, um anderen zu helfen. Fröhlichkeit bedeutet für mich zudem auch nicht das Gegenteil von Besinnlichkeit – oder ist es das zwangsläufig? Lieber Kai, lasst es euch gutgehen und liebe Grüße!