Von Agger aus lohnt sich ein Abstecher zur Kirche von Vestervig.
Die als „größte Dorfkirche Skandinaviens“ betitelte Kirche liegt etwas außerhalb des gleichnamigen Ortes. Im frühren 11. Jahrhundert soll hier ein Königshof existiert haben – es war Knud den Store (ca. 995 – 1035), der hier seine Truppen für den Zug gegen England gesammelt haben soll. Die gewaltige Kirche war später möglicherweise Bischofskirche bevor der Bischofssitz nach Børglum verlegt wurde. Heute ist die Vestervig Kirche imposanter Überrest des 1536 aufgelösten Klosters.
Geht unbedingt auch um die Kirche herum! Auf keinen Fall aber sollte man sich das Grab der Liden Kirsten entgehen lassen, auf dem Frischvermählte nach der kirchlichen Trauung ihren Brautstraß niederlegen.
Mehr über die Kirche von Vestervig erfahrt Ihr hier.
Ebenfalls einen Abstecher wert ist das am nördlichen Ende der Nissum Bredning gelegene Örtchen Krik. Im 18. Jahrhundert wurden an dieser Stelle Bauholz, Eisen und Getreide zum Weiterverkauf an die Kaufleute in Thisted und Aalborg verladen.
Viel zu erleben auf geschichtsträchtigem Gelände
Dann machen wir uns weiter Richtung Süden auf und nehmen die Fähre von Agger Tange nach Thyborøn.
Der kleine Ort an der Nordspitze der Landzunge Harboøre Tange ist vielen sicher vor allem wegen des Sneglehuset bekannt, einem über und über mit Muscheln verzierten Wohnhaus. Aber Thyborøn hat noch mehr zu bieten. Wenigen ist bekannt, dass sich 1916 die Skagerrakschlacht unweit dieser Küste zutrug. Das Sea War Museum erinnert daran – allerdings ist das Museum nichts für zarte Gemüter. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch das LandArt Kunstwerk des dänischen Künstlers Paul M. Cederdorff, der hier ein Mahnmal der Skagerrakschlacht errichtete. Aber auch das Jyllandsakvariet sowie das Kystcentret Thyborøn sind sehr sehenswert – vor allem auch mit Kindern!
Und natürlich sollte auch ein Besuch im Hafen nicht fehlen – hier gibt es frischen Fisch zum Mitnehmen oder zum sofortigen Verzehr auf gemütlichen Terrassen. Hafenatmosphäre inklusive.
Weiter auf der Straße 181 Richtung Süden passieren wir erst die Windräder, die auf einer künstlich angelegten Landzunge in den Nissum Bredningen hineinragen und später das Chemiewerk, das für einen der größten Umweltskandale der dänischen Geschichte verantwortlich ist.
Ein spannender Küstenabschnitt
Weiter südlich folgt der kleine Ort Harboøre, noch heute eine Hochburg der Inneren Mission, wenn auch längst nicht mehr so konservativ wie vor 150 Jahren. Unbedingt ansehen sollte man sich die kleine, ehemalige Rettungsstation Flyholm in Langerhuse, etwas westlich des Ortes.
1847 errichtet war dies die erste Rettungsstation des Landes und beherbergte zudem das erste in Dänemark gebaute Rettungsboot. In den Jahren 1853 und 1854 wurde von dieser Station aus 73 Einsätze gestartet und insgesamt 755 Seeleute gerettet. Über den spektakulärsten Einsatz erfährt man im Inneren der Station. Über eine an der Tür angeschlagene Telefonnummer bekommt man einen einen Zugangscode ( per Bandansage und auch auf Deutsch!), mit dem sich die Tür zur Ausstellung öffnen lässt.
Südwärts immer entlang der Küste geht es nach Vrist, einem ziemlich unspektakulären Straßenort und größerem Ferienhausgebiet zwischen Küste und der parallel zur Küste verlaufenden Hauptstraße. Wer hier eine Lust auf eine Partie Mini- oder auch Fußballgolf verspürt, ist allerdings goldrichtig. Der Mollerupgaard bietet beides an, die Minigolfanlage ist gut gepflegt und hat ein paar überraschende Extras – für mich, also für Laien!
Von der Hauptstraße zweigen immer wieder kleinere Wege und Stichstraßen ab Richtung Küste – den ein oder anderen Abzweig sollte man sich gönnen und den schönen Strand genießen. Nicht ohne Grund schließt sich hier, auf unserem Weg gen Süden, das Ferienhausgebiet Vejlby Klit an. Weißer Sandstrand, Dünen, Schotterwege und Ferienhausidylle pur. Macht ein Foto an der Victoria Station, dem kleinen Bahnhof der Bahn, die zwischen Lemvig und Thyborøn verkehrt. Auch eine Fahrt mit der Bahn ist spaßig – nicht nur für Eisenbahn-Fans!
Südlichdavon liegt der Ferring Sø, ein Brackwassersee, der nur durch eine schmale Landzunge von der Nordsee getrennt ist. Baden kann man im See zwar nicht, aber mit dem Boot darauf fahren darf man. Wer Zeit und Lust hat, kann den See auch auf einem ca. 10 km langen Weg umwandern: Die alte Küstenlinie auf der Ostseite des Sees bietet einen willkommenen Kontrast zu sandigen Wegen, Heideflächen, Feuchtwiesen und Tierweiden. Auch ein Fahrradweg, der entlang des Ferring Sø von Vejlby Klit nach Ferring führt, ist es wert, befahren zu werden!
In Ferring befindet sich neben dem Bovbjerg Minimuseum, das sich der Geologie des Gebiets widmet, und der sehenswerten Ferring Kirke auch das Jens Søndergaard Museum. Im ehemaligen Ferienhaus und Atelier des Expressionisten ist heute eine Ausstellung über den Künstler untergebracht.
Er wacht über die Region: Bovbjerg Fyr
Entlang der Küste geht es weiter zum Bovbjerg Fyr. Hier sollte man sich die Zeit nehmen, um zu Fuß oder mit dem Rad direkt auf der Steilküste zum Leuchtturm zu gelangen. Eine großartige Kulisse. Der Leuchtturm fällt mit seiner markanten roten Farbe sofort ins Auge – obwohl er mit seinen nur 26 Metern Höhe zu den niedrigen Leuchttürmen in Dänemark gehört.
2003 verließ der letzte Leuchtturmwärter Bovbjerg Fyr und der Turm stand zum Verkauf. Engagierte Bewohner der Region konnten nach jahrelanger Überzeugungsarbeit, vielen Gesprächen und der Gründung einer Stiftung den Turm samt Nebengebäuden übernehmen. Ihr Ziel war es, den Leuchtturm weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sowie die Gründung eines Kulturhauses. Nach umfassenden renovierungsarbeiten wurde der Bovbjerg Fyr 2014 wiedereröffnet. Rund 160 Ehrenamtliche sorgen hier nun für ein vielfältiges Kulturprogramm, außerdem betreiben sie ein gemütliches Café in einem der Nebengebäude sowie eine kleine Butik. Probiert den Vesterhavsost, wenn möglich – er wird hier ganz in der Nähe gelagert!
Und natürlich kann man den Turm auch bestiegen – und das sollte man auch, denn es lohnt sich! 93 Stufen und eine schmale Wendeltreppe führen hinauf zur Plattform mit einer grandiosen Aussicht über die schroffe Steilküste und das Meer, den Ferring Sø sowie Vejlby Klit, Ferring und Trans.
Ist man schon einmal hier, kann man am Kongesten direkt vor dem Leuchtturm nach Spuren H C Andersens suchen. Dieser vermerkte nämlich in seinem Tagebuch, sich auf dem Gedenkstein verewigt zu haben. Wohlgemerkt: Danach suchen darf man, nur nachmachen, das darf man nicht
Mehr erfahren könnt Ihr hier:
Wo sind wir?
Bovbjerg Fyr besuchten wir im letzten Jahr im Herbst . Es war ein sehr stürmischer Tag, wir wurden fast vom Turm geweht, aber die Aussicht von dort oben ist ein Erlebnis! Das Café war offen, im kleinen Wintergarten ist es besonders schön zu sitzen. Danach waren wir im Søndergaard-Museum. Noch mehr Bilder von ihm sind (hoffentlich immer noch) im Heltborg-Museum zu sehen.
Dieses Jahr, vor ca. drei Wochen erst, machten wir uns auf zur Vestervig Kirke, denn es gab ein Konzert mit der Brass Band Struer. All diese Blechbläser in dem riesigen Raum, diese Akustik! Und dann auch noch ein Stück auf der wunderbaren Orgel. Konzerttermine erfährt man im Internet unter vestervig-kirke.dk, und wer das Glück hat, dann gerade in der Gegend zu sein, sollte hingehen. Auch dieses Mal wieder erschien das Publikum fast geschlossen erst in den letzten Minuten vor Beginn, und kaum war der letzte Ton verklungen, verschwanden alle, wie sie gekommen waren. Meine dänische Bekannte meinte, das sei immer so:“Man hat gehört, was es zu hören gab, dann geht man wieder nach Hause und hat dort was zu erzählen.“