Er ist gekommen, um zu bleiben – und zwar in Dänemark.
In seinem neuen Buch erzählt Tim Uhlemann von seiner Auswanderung ins kleine Königreich und gewährt Einblicke in den Alltag an der dänischen Westküste.
Tim lebt den Traum vieler Dänemarkurlauber – und zwar ohne rosarote Brille. Mit sehr viel Witz und Charme nimmt er seine Leser mit ins Off-Season Hvide Sande oder lässt und einen Blick hinter die Kulissen einer Ferienhausvermietung.
Bevor Ihr meine Rezension seines Buches Dänemark – Gekommen, um zu bleiben lesen könnt, war Tim so nett, einige Fragen zu beantworten. Und eigentlich ist das schon die beste Werbung für sein spaßiges Buch! 🙂
Lehnt Euch zurück! Prølihørher! Hier kommt Teil 1 des Interviews mit Tim Uhlemann!
Tim, wie kamst Du auf die Idee, ein Buch über Dein Leben in Hvide Sande zu schreiben?
Es war mehr ein schleichender Prozess, nichts, was ich groß geplant hatte. Inspiration findet man nach einer Auswanderung ständig, im Alltag. Mein Alltag ist so aufregend, wie woanders ein Abenteuerurlaub.
Hvide Sande, mein dänischer Wohnort, das ist Daily Soap in Echt. Teilweise liegen die Geschichten auf der Straße, und bitten darum, aufgeschrieben zu werden. Eigentlich bin ich ein eher ruhiger Typ, ziehe mich gerne mal zurück, kann sehr gut mit mir alleine sein, kann auch gut Ruhe aushalten. Im Umgang mit Dänen war ich allerdings schon immer sehr an Kommunikation interessiert und geradezu besessen von Geschichten. Irgendwann hat man entsprechend Stau im Schädel, das muss raus, und dann geht es darum, es so zu bürsten und zu polieren, dass es lesenswert wird. Mit anderen Worten: Ich habe quasi auf 360 Seiten ordentlich poliert.
Fühlst Du Dich inzwischen dort angekommen? Was ist der größte Unterschied zu Deinem bisherigen Leben in Deutschland?
Definitiv mehr Auswanderglück statt Existenzangst!
Eine Auswanderung ist immer sinuskurvig, ist immer ein auf und ab der Gefühle. Wie im richtigen Leben. Was definitiv hilft: Mut, Ausdauer, Flexibilität und vor allem Humor und Ironie. Zum Glück war die Erwartung des Positiven in mir immer größer als die Angst vor Enttäuschung.
Am Anfang ist alles idealisiert und man schwebt etwas naiv-romantisch durch den Alltag. Sobald du hier wohnst, ist das Leben nicht mehr nur eine einzige Postkarte. Denn das Leben, was man sich nah den Wellen erträumt, ist nun mal in erster Linie eine materielle, und jene muss erstmal geschaffen werden.
Auswandern ist die Kunst, den Spagat zwischen den Mentalitäten hinzubekommen.
Es wird immer ein Leben zwischen den Welten bleiben, auswandern ist die Kunst, den Spagat zwischen den Mentalitäten hinzubekommen. Aber es geht auch ein klein wenig um die Bereitschaft, etwas Dänisches in sich selbst zuzulassen. Nach knapp 10 Jahren kann ich festhalten, dass die dänische Wirklichkeit meinem Idealbild entspricht.
Ich denke, ich lebe deutsch, auf dänische Art. Natürlich bin ich geprägt von deutscher Mentalität: ein bisschen meckern, ein gesunder Zorn, ein bisschen Zögern, wenn es um die eigene Vollzufriedenheit geht, aber auch Ordnung: Wenn ich an der Supermarktkasse stehe, muss ein Warentrenner auf dem Laufband liegen. Ich werde nervös, wenn die Waren nicht ordnungsgemäß abgetrennt sind. Aber mittlerweile steckt die dänische Mentalität in mir wie eine Tätowierung. Gelassenheit ist das Stichwort: Über Dinge, die ich nicht ändern kann, rege ich mich in der Regel nicht mehr auf.
Der größte Unterschied? Diese Weite, dieser Horizont, die magische Natur, die Luft genügt höchsten Ansprüchen. Als Kind des Ruhrgebiets, auf Kohle geboren sozusagen, guckt man schon mal auf viel Beton und viele graue Mauern. Dann kommt man auf den Holmsland Klit. Das ist Lebensqualität und großes Glück hier wohnen zu dürfen.
Wie erging es Dir mit der dänischen Sprache?
Mit meinem Dänisch ist es so wie mit meinem Aussehen: Man sieht zwar das ich ein Mann bin, aber schön ist was anderes.
Schwierig – willkommen in der Hilflosigkeit, zumindest die ersten Monate. Die ersten Monate habe ich eigentlich durchweg geguckt wie Louis de Funès… Im Oberstübchen war schwer die Hölle los.
Ich muss dazu sagen, vom Sprachgenie bin ich leider so weit entfernt wie der Student von der Villa in Malibu. Früher oder später wird einem aber auch der existenzielle Moment bewusst. Ohne Dänisch ist die Zukunft ungefähr so sonnig, wie der Himmel über Peking. Ich musste in der Tat viel dafür tun. Wenn man dann täglich kommuniziert, kommt es irgendwann von ganz alleine. Das wichtigste: Einfach drauflosreden. Wenn deine Angstdisziplin das sprechen ist, hast du verloren.
Um die Absurdität der dänischen Sprache zu unterstreichen, sei folgendes Beispiel erwähnt:
Englisch: Attention!
Spanisch: Atención!
Italienisch: Attenzione!
Dänisch: Prølihørher!
Dieses Beispiel bringt die Absurdität dieser Sprache ganz gut auf den Punkt. Dennoch – ich liebe die dänische Sprache, sie wirkt auf mich angenehm weich und klangvoll. Ich finde sie irgendwie exotisch, absolut lebendig, wortreich, voller Ästhetik. Nur leider auch schwer zu erlernen. Aber wer die Dänen verstehen will, muss ihre Sprache sprechen.
Teil zwei des Interviews mit Tim folgt in Kürze.
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