Schachbrettsteinkirchen in Dänemark

Bei meinem letzten Aufenthalt in Nordjütland bin ich auf ein fast schon wieder in Vergessenheit geratenes Phänomen gestoßen, von dem ich Euch jetzt – bevor ich es wieder in Hirnwindungen einmotte – berichten will.

Habt Ihr schon mal von Schachbrettsteinkirchen gehört? Ja, ruft Ihr jetzt sicher alle! Bei Dir! Und das stimmt sogar – in dem Verzeichnis über Dänemarks Bauwerke erwähne ich die Schachbrettsteinkirchen bezüglich der Kirche in Skallerup, die nämlich die einzige Schachbrettsteinkirche in Vendsyssel ist. 

Skallerup Kirke, Nordseite Kirchenschiff
Skallerup Kirke, Nordseite Kirchenschiff

49 Kirchen mit Schachbrettsteinen in Dänemark

In Dänemark gibt es insgesamt 49 Kirchen, die insgesamt 68 dieser Schachbrettsteine aufweisen. 48 dieser Kirchen liegen im nördlichen Jütland, und zwar in einem breiten Streifen von Thy/Han Herred quer hinüber bis in die Gegend um Århus, eine der Kirchen ist auf Bornholm. Weder auf Fünen, Seeland noch im südlichen Teil Jütlands sind Schachbrettsteine bisher entdeckt worden.

Es gibt noch einen weiteren, ebenfalls regional sehr begrenzten Bereich, in dem die Schachbrettsteinkirchen zu finden sind, und das ist ein ca. 100 km langer Streifen beidseits der Oder (Niederlausitz bis Ostseeküste und Polen). Außerhalb dieser beiden Gebiete sind Schachbrettsteinkirchen mit wenigen Ausnahmen nicht bekannt ( es gibt je ein Exemplar in Schweden und Norwegen sowie das bereits genannte Beispiel auf Bornholm).

Bezüglich der geographischen Verteilung der Kirchen gibt es bisher keine Erklärung.

Skallerup Kirke, Nordseite Turm
Skallerup Kirke, Nordseite Turm

Wie sehen Schachbrettsteine aus?

Schachbrettsteine sind quadratische oder rechteckige Steine, deren Oberfläche bearbeitet worden ist. Sie weisen helle und dunkle Felder auf und erinnern an Schachbretter. Die Steine sind an mittelalterlichen Feldsteinkirchen der Spätromanik oder Frühgotik meist gut sichtbar angebracht – sowohl am Kirchenschiff als auch an Apsis, Chor oder Turm. Bevorzugter Ort sind Mauerecken und Eingangsbereiche. Es gibt keine bestimmte Ausrichtung, die allen Steinen gleich wäre – die Steine können in alle Himmelrichtungen weisen.

Die Größe und Form sowie Farbgebung dieser Steine variieren, genauso wie die Anzahl an Feldern (ihre Anzahl reicht von 24 bis 75 Feldern) als auch Größe der einzelnen Felder, die unterschiedlich sein kann.

Nach allgemeiner Auffassung stammen diese Steine aus der gleichen Zeit wie auch die Feldsteinkirchen, grob gesagt also aus dem 13. Jahrhundert. Warum diese Steine an Feldsteinkirchen verbaut wurden bzw. welchem Zweck sie dienten oder welche Bedeutung sie hatten, ist allerdings nicht geklärt. Geschweige denn die geographische Verteilung, die Forschern noch immer Rätsel aufgibt. Spannend, oder?

Skallerup Kirke, Südseite Vorhalle
Skallerup Kirke, Südseite Vorhalle

Bedeutung bisher nicht geklärt

Erklärungsversuche für die Schachbrettsteine gibt es viele, allerdings konnte keiner bisher wirklich die Mehrheit der Historiker und Kunsthistoriker überzeugen.
Einerseits wird das Schachbrettmuster als Zunftzeichen der Steinmetze und Maurer gesehen, andererseits als eine Art Wappen, die eine Verbindung der Kirchen zu Adelsgeschlechtern zeigen sollten.

Relativ einig ist man sich, dass die Steine keine puren Schmuckelemente darstellen, da ihre Platzierung diesbezüglich in den meisten Fällen ungeeignet gewesen wäre.
Schachbrettmuster können auch als Netz- bzw. Gitterformen interpretiert werden, die wiederum als unheilabwendend gesehen werden und eine lange Tradition haben. Bildsteine – also bearbeitete Steine – mit geometrischen Ritzungen, die an derartige Muster erinnern, kommen bereits seit der Steinzeit vor.

Die Anbringungen der Steine ausschließlich außen an Kirchen könnte eine derartige Interpretation – nämlich als unheilabwendend – untermauern.
Interessant an dieser Art der Deutung ist allerdings auch wiederum die Tatsache, dass das Schachspiel, vermutlich um 600 in Indien entstanden, über Umwege erst um 1200 in Dänemark bekannt war. Also ungefähr zeitgleich mit der Phase der vielen Kirchenbauten.

Skallerup Kirke, Nordseite Kirchenschiff
Skallerup Kirke, Nordseite Kirchenschiff

Und auch diese Interpretation der Steine gibt es – sie waren eine Art Spielbretter, die später verbaut wurden. Die Bauhütten zogen weiter und stellten auch am neuen Bauort ein Spielbrett her.

Der Schachbrettstein in der Skt. Pouls Kirche auf Bornholm wird häufig als Beweis dieser These herangezogen. Der Stein hier ist so in der Kirche verbaut, dass er zwei Schauseiten hat – theoretisch jedenfalls, denn nur eine Seite weist ein Schachbrettmuster auf. Dies wird als Beweis dafür gesehen, dass die Steine keine symbolische Bedeutung gehabt haben können, denn dann wäre eine Seite sicher nicht leer geblieben. Weiteres Indiz, das von Vertretern dieser These herangezogen wird: unterhalb des Schachbrettsteins findet sind ein weiterer Stein, der deutlich ein Backgammonspiel zeigt.

Skallerup Kirke, Nordseite Turm
Skallerup Kirke, Nordseite Turm

Eine dänische Legende könnte wiederum zu einer weiteren Deutung der Steine verleiten: die Legende berichtet, dass der Teufel mit Gott um den Bau der Kirche bzw. um die Seelen der Menschen Schach spielt. Der Teufel verliert die Partie und auch sein Spielbrett, das in die Kirchenwand eingemauert wird und so an den glücklichen Ausgang der Partie erinnert. Auch hier käme dem Stein also eine Art Schutzfunktion zu.

Hier gehts zum Verzeichnis



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