Am Wochenende wurde die Erweiterung der Whisky-Destillerie in Stauning gefeiert. Schon vor Wochen habe ich Karten für dieses Event gesichert – die Vorfreude war groß und was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht.
Im Vorwege haben wir uns zuhause viele Gedanken gemacht , wie es wohl wird, was uns erwartet. Wir kannten das Programm, Live-Musik, ein bißchen zu essen, und natürlich zu trinken – aber wer würde wohl dort sein? Nur Whiskykenner oder die typischen selbsternannten Whiskyfachleute, die ungefragt jeden an ihrem Wissen teilhaben lassen?
Zwei Stunden nach der Eröffnung kamen wir mit dem Fahrrad bei der Destillerie an – die neuen Gebäude hatte ich schon auf Photos bewundert, live waren sie aber noch mal so hübsch: klassisches, skandinavisches Design. Schlicht und stilvoll. Und direkt neben dem alten Hof, in dem sich die Destillerie bisher befand – und noch immer mit befindet. Hier machte ich vor einigen Jahren mal eine Führung mit, die richtig gut war und ich hoffe sehr, dass sich auch an der Qualität der Führungen nichts ändern wird (ich werde das testen 🙂 ) – so wie es ja für den Whisky versprochen ist.
Gastgeber auf Augenhöhe
Der eigens zur Eröffnung abgefüllte Whisky war bereits ausverkauft (das ist nicht verwunderlich – wer mal versucht hat, eine der Flaschen zu ergattern, weiß, wovon ich spreche) – aber zu verkosten gab es ihn noch. Das Stauningfestival war ein Musikfestival, auf dem auch Whisky probiert werden konnte – die Stimmung war hervorragend, eine grandios entspannte Atmosphäre. Wir haben uns total wohlgefühlt!
Tolles Musikprogramm
Stauning Whisky ist ein toller Gastgeber – die Eigner stehen hinter der Bar, tanzen vor der Bühne und sammeln Müll ein. Und auch sie stehen – wie jeder andere – in der Schlange an, um einen Burger zu bekommen. In den neuen Gebäuden durfte man sich auf eigene Faust umsehen, alles war ganz unkompliziert und selbst, wenn man mal in einer Schlange anstehen musste , waren alle gut gelaunt und geduldig. Und die Musik! Abwechselnd auf der Bühne und im Jazz-Zelt gaben alle ihr Bestes – von Kresten Osgood, der tags zuvor noch in der Elbphilharmonie in Hamburg ein Konzert gegeben hatte, bis zur GNAGS-Coverband Under Bøgen – spätestens beim Song Vilde Kaniner gab es hier kein Halten mehr. Das Flying Jazzman Trio begeisterte mit Jazzklassikern und auch Ligefrem Lykkelig und Pernille Rosendahl wurden wild gefeiert.
Keine Schlauschnacker, kein Rumgepose. Alle Gedanken im Vorwege null und nichtig. Ich mag das. Es gibt kaum etwas Besseres als so ein Fest. Solche Feiern sind Lebensfreude pur – und zu feiern gibt es wirklich jede Menge. Kennt Ihr die Geschichte um die dänische Whisky-Destillerie?
Neun Freunde und ein Traum
Als Martin im Frühjahr 2005 in seinem Auto unterwegs nach Langeland war, hörte er einen Radiobericht über Whisky. Es sei nicht schwierig, einen Whisky zu machen, es sei schwierig, ihn so zu machen, dass er gut schmecke, hieß es darin und Martin fragte sich, warum es eigentlich keinen dänischen Single Malt gibt.
Auf Langeland angekommen, wo er zusammen mit der Familie einige Tage Urlaub machen wollte, erzählte er seinem Bruder Lasse davon und noch am gleichen Abend riefen die beiden Brüder Freunde und Bekannte an und fragten, ob sie nicht auch Lust hätten, einen dänischen Whisky zu brennen. Als Hobbyprojekt.
Nur wenige Wochen später trafen sich 13 Interessierte und neun von ihnen waren sich nach dem Treffen einig, diesem Hobby eine Chance zu geben.
Neben Martin und Lasse waren noch Simon, Rasmus, Alex, Henning, Hans, Jesper und Mogens mit an Bord. Aber – das Vorhaben, hobbymäßig eine Whiskyproduktion zu starten war nicht so einfach wie es sich anhört. Keiner der neun hatte Erfahrung damit, Whisky herzustellen – vier Ingenieure, ein Lehrer, ein Koch, ein Schlachter, ein Pilot und ein Arzt, die vereint waren in ihrer Liebe zum Whisky und darin, keine Ahnung von der Herstellung zu haben. Also hieß es erstmal, sich Wissen anzueignen – sie lasen und lasen und schließlich waren sie sich sicher, was sie wollten: einen Whisky herstellen, der ähnlich schmecken sollte wie ein rauchiger, schottischer Islay.
Die erste Mini-Destillerie
Mogens hatte inzwischen sein altes Schlachthaus in Stauning angeboten, um dort eine kleine Mini-Destillerie einzurichten und im Herbst 2005 ging es los. Die finanziellen Mittel waren knapp und hier hieß es, viel Erfindergeist an den Tag zu legen. Der alte Fleischwolf wurde zur Kornmühle umfunktioniert, der alte Soletank wurde für die Gärung gebraucht. Der alte Räucherofen, der immer noch fantastisch nach geräuchertem Bacon duftete – wurde mit Korn gefüllt. Torf bekam man aus dem Klosterlund Museum. Außerdem bediente man sich wieder der alten schottischen Produktionsmethode der Bodenmälzerei.
Eines war jedoch unumgänglich als Anschaffung – die beiden kleinen Pot Stills ließen die 9 Freunde von einem Kupferschmied in Spanien fertigen. Außerdem mussten Genehmigungen eingeholt werden, was sich auch als nicht so ganz unproblematisch erwies – schließlich war es auch für die offiziellen Stellen neu, eine Genehmigung für neun Freunde zu erlassen, die Whisky produzieren wollten. Nach gut einem Jahr war es dann aber soweit – im August 2006 taten die Pot Stills erstmals ihre Arbeit und die ersten Tropfen, die des Nachts aufgefangen wurden, schmeckten viel besser als erwartet – die Stimmung war geradezu euphorisch.
Was ist das, was ihr hier gemacht habt?
Im Herbst 2006 bekamen die Freunde dann die Möglichkeit , ihre ersten Tropfen dem bekannten Whiskyfachmann Jim Murray zu präsentieren. Murray war in Zusammenhang mit einer Jubiläumsveranstaltung in Dänemark und diese Chance ließen sich die Hobbyproduzenten nicht entgehen. Der Fachmann nahm sich auch tatsächlich Zeit und probierte ihre mitgebrachten Muster. Er saß einfach da, blieb stumm – geradezu nervenzerreißend für Henning, Hans und Alex, die mit ihrer Probe nach Kopenhagen gefahren waren, und dann sagte Murray: Was ist das, was ihr hier gemacht habt?
Die drei waren erst unsicher, was Murray meinen könnte – bis dieser dann fortfuhr: Das hier hat Potential zu etwas ganz Großem! Es erinnert mich an einen Ardbeg aus den 70 ern!
Von einem solchen Feedback hatten sie nicht zu träumen gewagt!
Das Treffen mit Murray gab vor allem eines: Selbstbewusstsein. Die avisierten 200-400 Liter Whisky im Jahr schienen nun zu wenig, sie wollten mehr als nur ein Hobbyprojekt und hatten nun auch den richtigen Wind in den Segeln.
Jede Minute Freizeit wird geopfert
Schnell wurde klar, dass eine neue Produktionsstätte her musste. Im November 2007 fanden die neun Freunde endlich einen Hof, den sie nach langatmigen Verhandlungen mit Banken schließlich kaufen konnten. Er liegt etwas außerhalb von Stauning und bedurfte umfangreicher Renovierungen – das bedeutete für die neun, die schließlich alle einen anderen Beruf hatten, dem sie auch weiterhin nachgingen, dass jede Minute Freizeit nun in das Projekt gesteckt wurde.
Im Mai 2009 startete die Produktion im renovierten Hof. Mogens wurde der erste Angestellte – als Master Destiller kontrollierte er die tägliche Produktion.
2011 wurden die ersten Flaschen des Young Rye abgefüllt – der Erfolgt ließ nicht auf sich warten: eines der besten Restaurants der Welt, das NOMA in Kopenhagen, nahm Stauning Whisky in sein Sortiment auf.
2012 wurden die ersten Flaschen Single Malt abgefüllt – die Kritiken waren durchweg positiv und auch Jim Murray besprach Stauning Whisky sehr wohlwollend in seiner bekannten Whisky Bible.
2013 zeigte Diageo Interesse daran, in Stauning zu investieren und 2015 einigten sich die Freunde mit Diageo und Distill Ventures. Der Grundstein für eine Erweiterung und den Neubau , der am Wochenende mit einem großen Musikfestival gefeiert wurde, war gelegt.
Maxime ist, selbst, wenn die jährliche Produktion auf ca 900.000 Liter Stauning Whisky steigen wird, weiterhin auf die Stauning – Art zu produzieren. Ohne Abstriche in der Qualität. Bodenmalzung mit selbstkonstruierten Kornwendern wird es weiterhin geben, ebenso werden kleine Pot Stills verwendet, die direkt befeuert werden.
Ich hoffe, dass es so bleibt. Und beim nächsten Fest bin ich wieder dabei. Denn feiern, das können sie in Stauning. Und Whisky.
”Folk, der elsker røget whisky, vil slå deres egen mor ihjel for at få fat i sådan en flaske her. Dette kan gå hen og blive noget af det bedste røgede whisky i verden, hvis I fortsætter jeres udvikling.”
(Zitat Jim Murray „Leute, die rauchigen Whisky lieben, werden für eine Flasche von diesem hier ihre eigene Mutter töten. Wenn die Entwicklung so weitergeht, kann dies einer der besten rauchigen Whisky der Welt werden.“)