Mein allererster Reiseführer stammte aus seiner Feder und ich bin wirklich oberstolz, dass Hans Klüche mir hier die Ehre erweist und meine Fragen beantwortet.
Hans, den Freunde gern als Erfinder des modernen Selfie bezeichnen, weil er ihnen lange vor dem Selfie-Trend regelmäßig „Langarmphotos“ von Recherchereisen zuschickte, war zeittypisch ein „langer“ Student der Skandinavistik in Münster und Kopenhagen.
Schon seine erste „eigene“ Auslandsreise führte Hans nach Dänemark. Später arbeitete er dort als freier Auslandskorrespondent für ARD-Sender und blieb dem Land auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland treu, wo er heute in Bielefeld lebt.
Er ist als Dänemark-Redakteur für das Nordeuropa-Magazin »Nordis« tätig und durchstreift das kleine Königreich regelmäßig von den Inseln im Osten bis zu den rauen Stränden der Nordseeküste auf der Suche nach neuen Geschichten und Attraktion. Wenn möglich nimmt er seine Familie mit auf Reisen, dann sorgt Sohn Rasmus dafür, dass die Interessen junger Dänemark-Besucher Eingang in seine Bücher finden.
Am Ende des Interviews findet Ihr Hinweise zu Hans Klüches Büchern. Eine ausführliche Rezension seines gerade neu aufgelegten Reiseführers DÄNEMARK folgt demnächst hier auf Kapidaenin.
Tusind tak, kære Hans! Det er bare så dejligt!
Auf geht’s…KAPIDAENIN spørger….
Welches ist Dein Lieblingsland im Norden und warum?
Upssss, Bille! Könnte ich etwas anderes als Dänemark sagen?
Ehrlich gesagt mag ich den ganzen Norden, jedes der Länder, die teilautonomen wie die Färöer-Inseln, Grönland oder die Åland-Inseln eingeschlossen. Auch die im Nordwesten, die vor langer Zeit einmal nordisch, teilweise dänisch waren wie Schottland, Irland und England. Sogar Wales schließe ich ein, obwohl ich da Probleme habe, die dänisch-nordische Verbindung hin zu biegen.
Jedes dieser Länder hat seine Stärken. Islands wilde archaische Natur fasziniert mich.
Die rauen Färöer-Inseln kenn ich von vielen Besuchen und liebe dort die kleinen Inselgesellschaften.
Grönland mit seiner Weite und Einsamkeit beeindruckt mich und auf Spitzbergen habe ich wahnsinnig spannende Wanderungen und absolut irre Naturbegegnungen erlebt und, und, und …
In Dänemark habe ich einige Jahre gewohnt und gearbeitet. Ich liebe das Land, seine ruhigen Landschaften, den Charme der kleinen Orte und das Pulsieren der Städte wie Kopenhagen, Aarhus oder Aalborg. Auf der anderen Seite kann ich nirgendwo so tief durchatmen wie an einem klaren Tag in der kalten Jahreszeit bei einer Strandwanderung irgendwo an der dänischen Nordseeküste, oder sagen wir korrekter an Vestkysten. Das macht Lungen wie Seele frei. Ich mag das Denken vieler Dänen, ich mag ihre Kultur, ihr klares, funktionales Design und die echte Hygge.
Ich muss zugeben, dass es mir Dänemark in den letzten Jahren nicht immer leicht gemacht hat, diese Liebe zu leben. Bei einigen Auswüchsen der aktuellen Politik vermisse ich die große Toleranz und Weltoffenheit, die ich an Dänemark so schätze. Aber Liebe sollte nicht blind machen.
Aber Deine Frage, Bille, soll sicher hier nicht das Forum geben, Dänemarks aktuelle Politik zu erörtern. Also kurz gefasst: Ich glaube weiter an Dänemark und seine liberalen, toleranten Traditionen. Deshalb kann ich guten Gewissens sagen: Dänemark ist ein Lieblingsland. Aber wie angedeutet bin ich da promiskuitiv, wenn man den Begriff in diesem Zusammengang benutzen darf. Ich habe mehrere Lieben. Sonst hätte ich neben meinen Dänemark Büchern nicht auch einen fast 550 Seiten dicken Reiseführer über Neuseeland schreiben können. Das ist im Vergleich zu Dänemark aber ’ne Fernbeziehung ;-).
Kannst Du drei TOP Empfehlungen für Dein Lieblingsland im Norden geben?
Das ist doch mein täglich Brot, Bille.
Ich empfehle Nutzern meiner Reiseführer unter anderem den Samstag mit seinen vielen Staus als Reisetag zu vermeiden. Es gibt zum Glück immer mehr Ferienhausvermieter, die in der Hochsaison die Anreise an anderen Wochentagen anbieten, einige freitags, einige sonntags, einige völlig frei. Als mein Sohn klein war, gab es das noch nicht so häufig. Wir haben dann An- und Abreise oft mit einem Stopover geplant, so dass wir samstags innerhalb Dänemarks immer nur ein kleines Stück fahren mussten.
Wir haben uns ein Familienzimmer in einem der fantastischen Danhostel genommen, also das was wir in Deutschland als Jugendherbergen kennen. Vor allem bei der Rückreise haben wir sonntags dann in aller Ruhe den Ort oder seine Umgebung erkundet, sind so gegen 19 oder 20 Uhr über die Grenze gefahren und eigentlich immer staufrei nach Hause gekommen.
Spannende Stopover-Orte sind das historische Ribe, Esbjerg mit dem Fischerei- und Seefahrtsmuseum, Sønderborg mit dem Erlebnispark Univers, Kolding mit seinen Museen und der grandios restaurierten Burg Koldinghus oder, wenn man kleine Kinder hat, Fredericia mit dem Madsby Parken und seinem tollen Spielplatz.
Auch Aarhus, Silkeborg oder Aalborg weiter nördlich der Grenze können spannende Stopover-Städte sein. Sogar den LEGOLAND Park in Billund kann man gerade in der Hochsaison sonntags gut besuchen, weil dann am Wochenende weniger los ist als in der Wochenmitte, denn wer samstags anreist, fährt frühestens dienstags oder mittwochs dorthin.
TOP Tip zwei könnte mit der Mär vom teuren Dänemark aufräumen.
Trennt man sich von den gewohnten Marken, die man zu Haus immer kauft, kann man in dänischen Supermärkten oder an Frischeständen bei Bauern oder Hobbygärtnern entlang der Landstraßen zu akzeptablen Preise einkaufen.
Großfamilien sind klar im Vorteil, weil viele Sonderangebote nach dem Prinzip gehen: Eine Packung Grillfleisch 50 Kronen, kauf drei für 100 Kronen. Oder zwei Milchpackungen kosten kaum mehr als eine. Und schaust Du bei den Käsepackungen im Regal immer genau hin? Die werden oft zu einem Festpreis verkauft, obwohl das eine Stück gut ‚mal 100 Gramm schwerer ist, als das andere.
Man kann also Schnäppchen machen, wenn man mit Verstand einkauft. Außerdem gehört für mich zum echten Erleben eines Urlaubsziel immer auch zu sehen, was die Menschen im Land kaufen und essen.
Eine klitzekleine TOP-Empfehlung zum Abschluss: Frisch geriebener Meerrettich, dänisch Peberrod. Den gibt’s in fast jeder Supermarkt-Gemüseabteilung fertig gerieben in kleinen Döschen meist weit oben im Regal. Er passt perfekt zu Roastbeef, in meiner Familie aber auch zu Käse, Hamburgerryg, sprich Kassleraufschnitt, oder Leverpostej. Am ersten Tag, wenn man die Dose aufmacht und eine ordentlich Portion, also etwa eine Fingerspitze, nimmt, schießen Dir sofort die Tränen in die Augen und es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt. Am zweiten Tag wird er schon deutlich milder, aber so alt wird er in meiner Familie eigentlich nie.
Welchen Satz sollte man Deiner Meinung nach in der Landessprache seines Urlaubslandes können?
Undskyld, jeg er tysker og min dansk er desværre meget dårligt. Må jeg tale tysk eller engelsk?
[Entschuldigung, ich bin Deutscher/Deutsche und mein Dänisch ist leider sehr schlecht. Darf ich deutsch oder englisch sprechen? – Anm.d. Kapidaenin]
Welches Reiseziel steht momentan ganz oben auf Deiner Wunschliste?
Ich war lange nicht mehr auf Anhalt und Læsø. Sicher werde ich auf Lolland bald wieder bei den Dodekalitten-Skulpturen vorbei schauen, denn seit meinem Besuch im letzten Juli sind neue Figuren hinzu gekommen und ich fand dieses Ensemble phantastisch. Das wird sicher bald einen ähnlichen Kultstatus bekommen, wie „Mennesket ved Havet“ in Esbjerg .
Ende des Jahres steht dann eine große Skulpturenausstellung im ARoS in Aarhus auf dem Programm, die wirklich Weltklasse ist.
Und dann will ich auch noch einmal Urlaub machen, dafür fahre ich im Sommer nach Cornwall ;-). Da zieht sich mein Lieblingsstrand dann an einem kilometerlangen Dünengürtel entlang. Also fast wie in Dänemark, nur das Wasser des Atlantik ist deutlich kälter und der normale Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser macht rund 7 Meter aus – das ist eine andere Liga, selbst im Vergleich zur Nordsee.
Warst Du schon einmal in Dänemark? Welche drei TOP Empfehlungen hast Du für einen Besuch bei unseren Nachbarn im Norden?
Bille, welch eine Frage?
[Ja, ich weiß – undskyld! – Anm.d.Kapidaenin ]
Ich weiß nicht wie oft ich dort war und ich habe in weit über 300 000 Exemplaren meiner Reiseführer hunderte Orte und Attraktionen besprochen und empfohlen. Da leide ich geradezu, nur drei herauszupicken, aber ich versuche es.
Vor ein paar Tagen ist die neue Ausgabe des DuMont Reisehandbuch Dänemark erschienen. In der habe ich das Museum TIRPITZ in Blåvand zu einem der 10 besonderen Kulturerlebnisse in Dänemark hochgestuft. Das gibt in den DuMont Büchern einen besonderen Stern und entspricht etwa jenen Sternen, den Restaurants in einem bekannten Gourmetführer gern ergattern. Dieses Museum TIRPITZ spielt architektonisch wie inhaltlich in der europäischen Champions League, weil es seine drei Hauptthemen Atlantikwall Bunker, Bernstein und Küstenkultur wirklich auf spannende, sachlich sehr fundierte und doch kurzweilige Art vermittelt. Das ist wirklich ein Museum des 21.Jahrhunderts!
Das Louisiana in Humlebæk nördlich vom Kopenhagen ist in der modernen Kunst eines der führenden Museen weltweit. Bin ich auf Seeland unterwegs, steht es immer auf meiner Agenda. Ich fahre gern am Abend hin, denn es hat dienstags bis freitags immer ganz lange auf und man kann im Museumsrestaurant hinter Panoramafenstern oder im Sommer auf der Terrasse mit Blick auf den Øresund und die dort entlang ziehenden Schiffe wunderbar essen.
Als ganze Destination innerhalb Dänemarks ist Bornholm meine TOP Empfehlung, auch wenn es mir schwerfällt eine auszuwählen, angesichts der vielen anderen Ziele im Land, die ich gern ansteuere. Vielleicht ist es die persönliche Fußnote, die Bornholm in meiner Liste an die Spitze hebt: Ich habe dort zwischen den Mauern der Burg Hammershus vor 28 Jahren geheiratet und muss sagen, was in Ruinen geschmiedet wird, ist sehr haltbar!
Unabhängig davon ist Bornholm für mich und meine Familie ein Paradies. Diese Mischung aus Felsküsten-Skandinavien im Norden und Sandstrand-Dänemark im Süden ist einzigartig. Dazu die bunten Dörfer, die vielen Künstler und Kunsthandwerker, das tolle Fahrradwegenetz und die Überschaubarkeit der Insel. Aber Du wirst es kaum glauben, im letzten Sommer haben wir uns dort an drei verschiedenen Standorten jeweils eine Woche eingemietet. Das war wie drei ganz unterschiedliche Urlaube. Und selbst nach dem frag-mich-nicht-wievielten-Male Bornholm entdecke ich immer wieder etwas Neues zwischen all den Dingen, die ich bei jedem Besuch ansteuere, weil sie so schön sind.
Hast Du zum Beispiel mal an einem lauen Sommerabend nach einer langen Wanderung auf dem Küstenpfad um Borholms Nordspitze herum über den Felsen vor dem Eiscafé Kalas in Sandvig gesessen und mit einem selbstgemachten Stachelbeereis in der Hand dem langsam verschwindenden Tageslicht über der Badebucht und Felsenkuppe des Hammeren zugesehen … Ich höre jetzt wohl besser auf und denke noch ein bisschen an das Eis von Kalas.
(WERBUNG)
Von seinen mehr als einem Dutzend Büchern über Dänemark, die zum Teil ins Englische, Niederländische und Italienische übersetzt wurden, sind aktuell das »DuMont Reisehandbuch Dänemark«, das »DuMont Reisetaschenbuch Dänemark Nordseeküste« und der kleine Band »DuMont direkt Kopenhagen« lieferbar.
Außerdem schrieb Hans für den DuMont Reiseverlag das »Reisehandbuch Neuseeland«, in dem natürlich ein paar Sätze über das Städtchen Dannevirke stehen, gegründet von dänischem Immigranten. Beim 360° Medien Verlag erschien 2019 ein Dänemark Kalender mit seinen Fotos, der neue für 2020 ist schon in der Produktion.
Eine Übersicht über alle Bücher und Kalender gibt’s auf der Autorenseite von Hans bei Amazon, zu erreichen über www.hans-klueche.de, dort kann man über die Funktion »Blick ins Buch« über einige Seiten blättern. Jeder Buchhändler in eurer Nähe hat die Titel aber auch vorrätig oder besorgt sie sie innerhalb eines Tages.
Hans ist zudem bei Facebook aktiv mit den Seiten
www.facebook.com/DanskVestkysten und www.facebook.com/groups/ReGoDanmark
wunderbares interview !!!!!! hat spass gemacht es zu lesen!!! super deine antworten !!! auch tatsachen angesprochen, die ich bezogen auf die dänische politik auch so empfinde !!aber wie gesagt das ist nicht das thema!!!!! ich hab auf deinen neuen reiseführer seit januar gewartet. jetzt les ich gerade er ist raus!!! das freut mich!!! den brauch ich!!! du kannst wirklich gut auch zwischen den zeilen etwas vermitteln!!! danke !!!! musste schmunzeln!!
Danke, Ingride! Das gebe ich an Hans weiter 🙂