Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr – oft als Zeit zwischen den Jahren bezeichnet – ist eine besondere Zeit. Jedenfalls empfinde ich das so – gerade, wenn man vielleicht sogar frei hat, sind es Tage, die scheinbar aus der Zeit gefallen sind.
Als Rauhnächte oder auch Zwölf Nächte (alle Shakespeare-Freunde denken jetzt an Twelfth Night, richtig?) bezeichnet man die Nächte um den Jahreswechsel – meist umfassen sie den Zeitraum vom Weihnachtstag bis zum 6. Januar, manchmal aber auch die Nächte zwischen Thomastag (21. Dezember) und Neujahr. Der 6. Januar heißt in Schweden trettondedagen oder trettondagen, also dreizehnter Tag. Der Tag nämlich nach zwölf Nächten.
Die Herkunft des Namens Rauhnacht ist umstritten – im Großen und Ganzen gibt es drei Hauptdeutungen.
Rauh ist zu verstehen im Sinne von fellig/pelzig in Anlehnung an die in Fell gekleideten Dämonen, die in diesen Nächten ihr Unwesen treiben. Eine weitere Erklärung sieht rauh im Sinne von rauchig (vielerorts heißen die Nächte auch tatsächlich Rauchnächte). Dies würde auf den Brauch, in dieser Zeit Häuser mit geweihtem Rauch zu säubern, zurückführen. Zu guter Letzt sehen manche Forscher rauh einfach als Synonym für hart und beziehen sich auf die kältesten und dunkelsten Nächte des Jahres.
Die Wilde Jagd
Diesen zwölf Tagen und Nächten wird im gesamten europäischen Brauchtum eine besondere Bedeutung zugemessen, eine weitverbreitete Volkssage ist zum Beispiel die der Wilden Jagd.
Bei der Wilden Jagd handelt es sich um eine Gruppe von übernatürlichen Jägern, die in den genannten Nächten unterwegs sind. Je nach Region kann die Sichtung dieser Gesellschaft verschiedene Folgen für den Augenzeugen haben.
In der Regel hat der Geisterzug einen Anführer – in Skandinavien ist es Odin (hier heißt es Odins Jagd), es sind aber auch Huldra in Norwegen oder die Waldfrau Skogsrå in Schweden bekannt.
In Mitteldeutschland ist es Frau Holle, die den Zug anführt, in Österreich Perchta. In England kennt man Herne The Hunter und auch Dietrich von Bern ist als Anführer der Wilden Jagd genannt. Im Gefolge befinden sich häufig die Seelen derjenigen, die „vor ihrer Zeit“ starben.
Grundsätzlich ist die Jagdgesellschaft den Menschen nicht feindlich gesinnt, man tut jedoch gut daran, der Jagdgesellschaft aus dem Wege zu gehen. Wer die Wilde Jagd absichtlich provoziert oder ihr zusieht, wird Schaden davontragen. Auch der Brauch, in dieser Zeit keinesfalls Wäsche draußen zum Trocknen auf die Leine zu hängen, geht auf die Sage der Wilden Jagd zurück. Diese könne sich nämlich vor allem in den großen Teilen wie Bettlaken oder Tischdecken verfangen und dann als böse Geister im betreffenden Haus zurückbleiben. Und das möchte nun wirklich niemand.
Vertreiben der Geister
Der Brauch, zu Silvester Krach zu machen, hat ebenfalls mit diesem Sagenkomplex zu tun: so sollten die Geister ferngehalten werden. Auch das Rummelpottlaufen, das in Norddeutschland und Süddänemark verbreitet ist, gehört in diesen Zusammenhang. Am frühen Silvesterabend gehen Kinder verkleidet und geschminkt in Gruppen mit einem Rummelpott (dänisch rumlepot) von Haustür zu Haustür und singen Lieder. Als Dank erhalten sie von den Bewohnern Süßigkeiten.
Mit Hilfe des Polterns (von niederdeutsch rummeln=poltern) sollten vermutlich Wintergeister vertrieben werden.
Typischerweise wird folgender Vers gesungen:
Fru, fru, lok e døe op!
Æ rummelpot vil ind.
De kom æ skib fra Holland.
De hav så goj en vind.
Styrmand vil vi prise
Kaptajnene vil vi hejse
sæt æ sejl op i æ top
å gi mæ naue i æ rummelpot.
(sønderjysk)
Frau, öffne die Türe!
Der Rummelpott will rein.
Es kommt ein Schiff aus Holland.
Das hat kein guten Wind.
Kapitän, du musst weichen.
Bootsmann, du musst streichen.
Setzt das Segel ganz nach oben
und gebt mir was in den Rummelpott!
(hochdeutsch)