Es geht weiter südwärts entlang der Westküste Jütlands.
Noch immer befinden wir uns inmitten des Nationalparks Thy und der nächste Halt ist auch in Sicht. Der Stenbjerg Landingsplads ist ein Überbleibsel der Küstenfischerei, die bis zur Fertigstellung des Hafens von Hanstholm hier besonders intensiv betrieben wurde. Auch heute gibt es noch den ein oder anderen Freizeit- bzw. Nebenerwerbsfischer, der hier mithilfe von Treckern sein Boot ins und aus dem Wasser bringt. Die alten, weißen Gerätehäuser sind ganz besondere Fotomotive und wer auf der Suche nach dem perfekten Motiv für ein Westjütland-Bild ist, sollte Stenbjerg in keinem Fall auslassen!
In einem der alten Gebäude kann man Informationen zum Nationalpark Thy bekommen, im alten Windenhaus erfährt man, wie die Kutter früher an Land und wieder ins Meer bugsiert wurden.
Lyngby – Ort am Ende der Welt
Es geht weiter in Richtung Süden vorbei an der alten Bake, die denkmalgeschützt in den Dünen steht und Schiffen früher als zusätzlicher Orientierungspunkt diente. Nächster Halt ist Lyngby, das man entweder über den Wanderweg Vestkyststien erreicht oder indem man mit dem Auto oder Rad von der 181 in Richtung Küste abfährt. Der Ort liegt weit draußen inmitten schönster Dünenheide-Flächen und wer Ruhe und auch ein wenig Einsamkeit sucht, ist hier genau richtig.
Lyngby liegt so weit draußen in den Dünen, dass man fast am Ende der Welt zu sein glaubt.
Der Ort entstand 1864 als sechs Familien aus dem Gebiet um Agger auf der Suche nach einem neuen Zuhause gen Norden zogen und sich in einer Heideebene bei Hvidbjerg Klit niederließen. Weitere Familien folgten, Haupterwerb der Siedler war der Fischfang, der aufgrund der Anlandungsverhältnisse hier an der Küste jedoch nicht immer leicht war. Auch der Bau von Buhnen in den 1930er Jahren hielt die absehbare Entwicklung nicht auf, dass Fischer letztlich den Hafen von Thyborøn für sich nutzten. In den 1970er zogen viele Menschen aus dem Ort, der erst 1965 elektrischen Strom bekam, weg. Heute sind es nur noch wenige, die einen festen Wohnsitz hier haben – als Ferienhäuser sind viele der Häuser jedoch durchaus gefragt. Ein Abstecher zum weißen Sandstrand darf natürlich nicht fehlen – aber das versteht sich ja von selbst!
133 Stufen zum Rundumblick
Der alte Rettungsweg führt in südlicher Richtung direkt zum Lodbjerg Fyr. Der Leuchtturm wurde 1883 errichtet und hat mit seiner Höhe von 35 Metern eine Leuchtfeuerhöhe von 48 Metern. Über 133 Stufen gelangt man auf die Aussichtsplattform mit grandioser Aussicht über den Nationalpark. In den zwei Nebengebäuden des Turms lebten früher drei Familien: Leuchtturmwärter sowie zwei Assistenten samt Familien. Abgeschieden, in einer Landschaft, die von Wind und Sand geprägt war, der nächste Nachbar weit entfernt. Dass das Leben in dieser kleinen Zweckgemeinschaft nicht immer einfach war, wird in einer kleinen Ausstellung dokumentiert. Heute wird im alten Leuchtturmwärterhaus von Freiwilligen ein kleines Café betrieben.
Von hier aus ist auch eine kleine Wanderung zur Küste empfehlenswert. Und wer will, kann hier auch in einfachen, überdachten Schlafplätzen, sogenannten Shelters, übernachten. Sternenhimmel inklusive.
Nicht weit entfernt steht die Lodbjerg Kirke, der man ebenfalls einen Besuch abstatten sollte. Sie ist eine der kleinsten Kirchen des Landes. Als sie um 1500 errichtet wurde, gab es hier auch eine Siedlung, die jedoch dem Sand gewichen ist. Kunstliebhaber werden begeistert sein von gotischen Kalkmalereien im Inneren der kleinen Kirche. In unmittelbarer Nähe befinden sich Grabhügel aus der Zeit um 3500 v. Chr., deren höchste Erhebung lange Zeit als Signalposten genutzt wurde.
Im Süden schließt sich das Seengebiet von Flade Sø und Ørum Sø an. Der Flade Sø ist nur durch einen Deich von der Nordsee getrennt und nicht nur Angler lieben diese Landschaft. Wer hier ein Rad dabei hat, sollte Zeit einplanen, die Landschaft um die beiden Seen ausführlich zu erkunden.
Badeort und Festival-Kult
Agger, das sich südlich an den Flade Sø anschließt, ist ein alter Fischerort, der im Sommer zu einem beliebten Badeort avanciert. De Sorte Huse inmitten des Ortes sind Überbleibsel aus der Zeit der Küstenbefestigung mit Deich und Buhnen. Die schwarzen Baracken dienen heute als Ausstellungsgebäude für regionale Kunst und Kultur. Wer im Mai nach Agger kommt, erlebt den Ort unter Umständen sehr laut: Jedes Jahr findet hier das Heavy-Agger-Festival statt.
Ruhe und Natur pur kann man aber etwas südlich auf Agger Tange erleben. Die Nehrung, die heute durch Deiche und Buhnen vor der Nordsee geschützt ist, hat eine wilde Geschichte. Mehrfach wurden ganze Dörfer von Sturmfluten weggerissen, schiffbare Durchbrüche entstanden und versandeten wieder. Nach der Errichtung der Deiche entstanden Feuchtgebiete auf der Agger Tange, die Jahr für Jahr tausenden Zugvögeln als Rastplatz dienen. Man muss kein Hobby-Ornithologe sein, um von diesem Naturschauspiel begeistert zu sein – die Beobachtung ist von der einzigen Straße auf der Agger Tange aus möglich. Große Klasse! Und wer es richtig hyggelig haben möchte: Picknick-Korb packen und ganz früh morgens einen der kleinen Parkplätze ansteuern. Mit einem Becher dampfendem Kaffee in der Hand diese Aufführung der Natur beobachten und spüren, wie die Morgensonne nach und nach ihre wärmende Kraft entfacht. Einfach toll!
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